Ausgabe Nr. 3/2018

 

 

Kriminologisches Journal Heft 3/2018

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

 

Notate zum Anlass des 50. Jahrgangs des Kriminologischen Journals

Abschaffung der Gefängnisse

Sebastian Scheerer

Zur Zeit seiner Entstehung (1969) war der Gefängnis-Diskurs der kritischen Kriminologie ganz und gar am Behandlungsgedanken orientiert. Die spätere Dominanz abolitionistischer Perspektiven enttäuschte in den 1980ern zwar viele Praktiker, doch zeigt ein Blick auf die aktuellen globalen Entwicklungen des Gefängniswesens, dass es sowohl besser als auch einfacher sein dürfte, punitive Segregation als solche insgesamt abzuschaffen, als den aussichtslosen Versuch zu unternehmen, der Überbelegung durch immer mehr Gefängnisse Herr zu werden und zusätzlich die Haftbedingungen so zu verbessern, dass sie den Nelson Mandela Regeln, d.h. den menschenrechtlichen Mindeststandards, entsprechen.

 

Prävention. Praktiken, Kritiken und Leerstellen

Dirk Lampe

Das vorliegende Notat gibt einen schematischen Überblick über rund vier Jahrzehnte Präventionsgeschichte in der Bundesrepublik. Anhand ausgewählter Debatten und Entwicklungen wird exemplarisch aufgezeigt, wie sich Prävention als zentrale Handlungsstrategie in der Verbrechensbekämpfung etablierte, welche Formen von Prävention gegenwärtig dominieren und welche Kritiken aus kritisch-kriminologischer Perspektive vorgebracht worden sind. Der Beitrag schließt mit einem Blick auf neueste Entwicklungen unter dem Banner der Prävention.

 

Punitivität

Bernd Dollinger

Die Frage nach Punitivität ist ein zentraler Bezugspunkt insbesondere Kritischer Kriminologie. Sie adressiert politische und institutionelle Rationalitäten des Strafens, die theoretisch wie empirisch immer wieder neu diskutiert werden müssen. Die entsprechenden Analysen müssen sich in Spannungsfeldern von detaillierten Rekonstruktionen versus globalen Einschätzungen sowie von lokalen Spezifika versus übergreifenden Transformationen verorten. Auch Fragen normativer (Gegen-)Positionierung sind immer wieder neu zu stellen.

 

Strafrecht

Jens Puschke

Das Notat wirft einen schlaglichtartigen Blick auf das deutsche Strafrecht, das vom Verfasser als Anachronismus beschrieben wird, aber dennoch seine hegemoniale Stellung festigt und ausbaut. So wird in jüngerer Zeit das Strafrecht mehr denn je als Mittel zur Problemlösung und als Teil einer ausgedehnten Sicherheitsarchitektur verwendet. Es wird dargestellt, wie das Strafrecht sich zunehmend auf eine Vielzahl von Lebensbereichen ausweitet und sich im Zusammenhang mit gesellschaftlicher Wahrnehmung einer vermeintlich unmittelbaren und allgegenwärtigen Gefahr in eine Präventionslogik einpasst. Vor diesem Hintergrund werden juristische und kriminologische Forschungsperspektiven beleuchtet.

 

Ausnahmezustände

Andrea Kretschmann & Aldo Legnaro

Ausnahmezustände bilden Modi des Regierens: Sie ermöglichen die Transformation einer Demokratie in eine Diktatur, wie an historischen Beispielen gezeigt wird, und bewirken in Demokratien eine umfassende Sekuritisierung, die allerdings auch ohne Ausnahmezustand gelingen kann. In jedem Falle verändert sich die demokratische Regierungsweise, was die Produktivität sowohl des Ausnahmezustandes wie aller Maßnahmen der Sekuritisierung belegt.

 

Diskussionsbeiträge

Kritik der Versicherheitlichung: Thesen zur (sozialwissenschaftlichen) Sicherheitsforschung

Jan Wehrheim

Sicherheitsforschung ist als anwendungsorientierte oder Grundlagenforschung Teil dessen, was in den Sozialwissenschaften als Versicherheitlichung diskutiert wird. Mit vier Thesen wird versucht, die ambivalente Rolle der Sozialwissenschaften in dem interdisziplinären Forschungsfeld kritisch einzuordnen.

 

Warum Leute wie Rainer Wendt nicht an der Universität sprechen sollten

Bernd Belina

Der Beitrag greift die aktuelle Debatte um den zunächst geplanten und dann abgesagten Auftritt des Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, an der Goethe-Universität Frankfurt auf, und argumentiert, warum es richtig ist, Rainer Wendt nicht zu universitären Veranstaltungen einzuladen.

 

Tagungsberichte

„Kriminologie des Visuellen. Ordnungen des Sehens und der Sichtbarkeit im Kontext von Kriminalitätskontrolle und Sicherheitspolitiken“. Bericht über die Tagung des Zentrums für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld und der Gesellschaft für interdisziplinäre wissenschaftliche Kriminologie vom 22.-23. März 2018 in Bielefeld (Thane)

„Kritische Kriminologie und Soziale Arbeit im Dialog“.Bericht über den Kriminologischen Fachtag der Hochschule für Angewandte Wissenschaften am 16. Mai 2018 in Hamburg (Kühne/Schlepper)

 

Buchbesprechungen

Svea Steckhan: Rauschkontrolleure und das Legalitätsprinzip. Polizeiliche Perspektiven zu Drogen und Drogenkriminalität (Maltsev)

Leon Hempel, Marie Bartels und Thomas Markwart: Aufbruch ins Unversicherbare. Zum Katastrophendiskurs der Gegenwart (Legnaro)

 

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Aktuelles

Kriminologisches Sommerfest 01.07. Berlin

Kriminologiches Sommerfest von GiwK und KrimJ am 01.07.2023 in Berlin

Die Zeitschrift Kriminologisches Journal (KrimJ) und die Gesellschaft für interdisziplinäre wissenschaftliche Kriminologie (GiwK) lade ein zum Sommerfest mit Getränken & Snacks, Preisverleihung des Fritz-Sack-Preises und Buchvorstellung: Marxism and Criminology. A History of Criminal Selectivity von Valeria Vegh Weis.

Ort: Humboldt-Universität zu Berlin, Ziegeleistraße 4

Zeit: 16:00 Uhr

Die Teilnahme ist kostenlos. Für die Planung bitten wir um Anmeldung bis spätestens 20.06.23 unter: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Jahrestagung Sektion soziale Probleme und soziale Kontrolle

Call for papers „Alles neu!? Problemsoziologische Perspektiven auf Semantiken und Praktiken sozialer Innovation und Transformation“

Jahrestagung der Sektion soziale Probleme und soziale Kontrolle in der Deutschen Gesell-schaft für Soziologie am 17./18.11.2023 in Hannover

Wenngleich Ideen, die gegenwärtig mit dem Begriff der sozialen Innovation belegt werden, selbst keineswegs Anspruch auf Neuigkeit erheben können (vgl. u. a. Popplow 2021), ist in jüngerer Zeit ein vermehrtes politisches wie auch wissenschaftliches Interesse an dem theo-retischen Konzept sowie entsprechend markierten empirischen Phänomen zu vermerken (Schüll et al. 2022; Howaldt 2022). Soziale Ungleichheiten, gesellschaftlicher Wandel und di-verse – aktuelle wie sich abzeichnende – Krisenphänomene (u. a. COVID-19-Pandemie, Kriege, Migrationsbewegungen, Klimawandel) leisten Diskussionen um soziale Innovation und Transformation zusätzlichen Vorschub. Diesen als miteinander verschränkt wahrgenomme-nen gesellschaftlichen Entwicklungen soll, zumindest auf programmatischer Ebene, durch so-ziale Innovationen begegnet werden – sie fungieren hier als „Instrumente gesellschaftlicher Gestaltung“ wie auch als Mittel zur „Steuerung sozialen Wandels“ (Schubert 2016: 409). Als konstitutiv für soziale Innovation gelten dabei Merkmale wie Anders- und Neuartigkeit sowie der Anspruch, gesellschaftliche Phänomene, Entwicklungen wie auch individuelle Lebensäußerungen unter „Bezugnahme auf gesellschaftlich hoch geachtete Werte und anerkannte Ziel-dimensionen“ (Schüll 2022: 33) zu einem ‚Besseren‘ zu beeinflussen.

 

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Workshop Goethe-Universität Frankfurt

„Not kennt kein Gebot? Hunger und Devianz in Rechtsgeschichte und Kriminologie“

Hunger gehört bis heute zu den größten ungelösten Problemen der Menschheit. Die Unterernährung gravierender Teile der Weltbevölkerung hat zuletzt stark zugenommen und damit wieder an Bedeutung gewonnen. Das Ernährungsproblem betrifft dann nicht nur einzelne Menschen, sondern bedroht ganze Gesellschaften. Nahrungsmittelknappheit kann dabei unterschiedliche Formen annehmen und von wiederkehrenden, durch Missernten, Kriege oder Naturkatastrophen ausgelösten Hungersnöten bis hin zu längeren Perioden der Unterernährung von einzelnen Gruppen oder ganzen Bevölkerungen reichen.

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Call for Papers zum KrimJ Schwerpunktheft 4/2023

„Method(ologi)en kritisch-kriminologischer Forschung“

Forschung in und über Kriminalisierungs- und Ausgrenzungsprozesse, soziale Probleme und soziale Kontrolle stellt sich besonderen Herausforderungen. Gegenstände kritisch-kriminologischer Forschungen sind Teil öffentlicher Problematisierungen und so normativ und (kriminal)politisch aufgeladen, bisweilen polarisieren sie. Dies liegt auch daran, dass die Gegenstände häufig aus eben jenen Praxisbezügen heraus generiert werden und gesellschaftliche Ordnungsverhältnisse adressieren.

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Call for Papers: Zugänge zum Recht – zugängliche Rechte?

 

Fünfter Kongreß der deutschsprachigen Rechtssoziologie-Vereinigungen 21.-23. September 2023; Leopold-Frantzen-Universität Insbruck

“Zugang zum Recht” ist ein klassisches rechtssoziologisches Thema und  ̶  im Plural  ̶  Ausgangspunkt für den interdisziplinären Kongress im September 2023, auf dem aktuelle Überlegungen sowie Debatten rund um „Zugänge zum Recht“ und „zugängliche Rechte“ vorgestellt werden können – gerade vor dem Hintergrund aktueller Krisen und Herausforderungen (Wirtschaft, Klima, Gesundheit, Migration etc.) und technologischer Entwicklungen (allen voran Digitalisierung und Mediatisierung). Dabei geht es um die Zugänglichkeit des Rechts im sozialen Sinne genauso wie um theoretische und methodische Zugänge der Rechtsforschung. Die Zugänglichkeit des Rechts ist, wie empirische Studien immer wieder zeigen, für Menschen abhängig von Herkunft, sozialer Schicht, Geschlecht, Behinderung etc. in sehr unterschiedlichem Maße gegeben.

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