Ausgabe Nr. 2/2018

 

Themenheft "Auf dem Weg in die Pre-Crime-Society? Analysen zur Vorfeldorientierung in Alltagskonflikten"

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

 

Editorial: Auf dem Weg in die Pre-Crime Society? Analysen zur Vorfeldorientierung in Alltagskontexten

Simon Egbert & Bettina Paul

 

Nach dem Verbrechen ist vor dem Verbrechen - Zur gouvernmentalen Praktik der Verbrechenswarnungen an U.S.-Universitäten

Maximilian Schareck

Der vorliegende Beitrag untersucht die Praktik der Verbrechenswarnungen (crime alerts) an US-Universitäten. Dabei wird die These vertreten, dass diese als eine gouvernementale Praktik verstanden werden können, die sich nicht auf die Gefährdung, sondern auf die Ängste der Empfangenden richtet. Auf diese Weise rufen sie letztere dazu auf, sich selbst als eigenverantwortliches potenzielles Verbrechensopfer zu verstehen und auch dementsprechend zu handeln. Es zeigt sich darin eine Form eines Regierens durch Angst, in dem gilt: Nach dem Verbrechen ist vor dem Verbrechen!

 

Drogentests und 'Alltags-Präemption'

Simon Egbert

Die US-Administration unter George W. Bush hat auf die Anschläge von 9/11 mit der Modifikation von Teilen ihrer Sicherheitspolitik reagiert, was insbesondere mit der Redefinition des militärischen Kriteriums der Unmittelbarkeit einer bevorstehenden Bedrohung verbunden war. In den Security Studies wird dies unter dem Stichwort Präemption – im Sinne einer präventiven Rationalität – verhandelt. Im Zuge einer solchen Denk- und Anwendungslogik sollen vorbeugende Maßnahmen nicht mehr erst dann eingesetzt werden, wenn bereits greifbare Verdachtsmomente für einen Anschlag erkennbar sind, sondern schon dann, wenn sich das Sicherheitsrisiko noch gar nicht konkret zu erkennen gegeben hat. Es wird vorliegend unter Rückgriff auf empirisches Material aus Dokumenten und Interviews exemplarisch gezeigt, dass eine derartige Denk- und Bearbeitungsweise von zukünftigen Sicherheitsrisiken auch in alltäglicheren Kontexten zur Anwendung kommt, nämlich bei verdachtsunabhängigen Drogentestanwendungen an bundesdeutschen Arbeitsplätzen, in deren Rahmen ArbeitnehmerInnen bzw. BewerberInnen anlassunabhängig auf ihr Drogenkonsumverhalten geprüft werden.

 

Diskussionsbeiträge

Kennzeichen des Gefährdens. Skizzen einer Ethnomethodologie des Sich-verdächtig-Machens

Aldo Legnaro

Eine pre-crime-Gesellschaft muss vielfältige Zuschreibungsmuster entwickeln, die Verdächtigkeit erkennen und Kennzeichen des Gefährdens als solche interpretieren lassen. In einem ethnomethodologisch orientierten Überblick sind Verhaltensweisen, persönliche Merkmale und Signale beschrieben, die als solche Kennzeichen gelesen werden können, von allgemeinen Lebensstilen und äußerlichen veränderbaren Merkmalen einer Person über die Antizipation konkreter Tatsituationen bis zu äußerlichen unveränderbaren Merkmalen. Die Gesamtheit der Kennzeichen des Gefährdens wird als eine Form des predictive governing interpretiert.

 

Bodycams im Einsatz - eine Sicherheitssimulation

León von der Burg

Mit der Einführung des Einsatzmittels Bodycam im Polizeidienst verspricht sich die Polizei vor allem eines: Eine Reduzierung von Gewaltdelikten gegenüber PolizeibeamtInnen. Im folgenden Diskussionsbeitrag werden die Widersprüche zwischen Anspruch und Realität im Zuge dieses Legitimationsgrundes des Einsatzes der Kamera im Polizeidienst dargestellt und auf ihre Konflikte hin analysiert. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht dabei der praktische Nutzen der Bodycam als Beweismittel bei der Polizeiarbeit.

 

Wissensbasierte Raumkontrolle? Raumkonstruktionen im Kontext von Sicherheit

Daniela Hunold

Der Beitrag beschäftigt sich mit der Raumgebundenheit polizeilichen Arbeitens und den damit assoziierten Raumkonstruktionen. Es wird hierzu ein DFG-gefördertes Forschungsprojekt vorgestellt, das der Frage nach Konstitutionsprozessen raumrelevanten Polizeiwissens nachgeht. In diesem Zusammenhang wird argumentiert, dass raumbezogene Polizeiarbeit Vorfeldverlagerungen von Verdachtskonstruktionen befördert.

 

Buchbesprechungen

Ferguson, Andrew Guthrie: The Rise Of Big Data Policing. Surveillance, Race, and the Future of Law Enforcement. (Ewert)

Gary T. Marx: Windows into the Soul. Surveillance and Society in an Age of High Technology (Zurawski)


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Aktuelles

Tagung 20. und 21. September 2024

50 Jahre Absage des 5. Deutschen Jugendhilfetages: Neue Zwäge - alte Potentiale?

„Die APO tanzte, die Reaktion kreischte und der Veranstalter distanzierte sich. So endete der
4. Jugendhilfetag 1970 in Nürnberg. Dieses Ende dokumentiert die Ohnmacht der etablierten Jugendhilfe, ihr ängstliches Schielen auf die der kapitalistischen Verfassung der BRD verpflichteten Politiker, die über weitere Subventionen der Jugendhilfeverbände zu entscheiden haben.“ (Kurt Sprenger 1974: Sozialarbeit und der 5. DJHT. In: Informationsdienst Sozialarbeit, Heft 6. Frankfurt: 35-38)

Tagung des Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit in Hamburg am 20. und 21. September 2024

 

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Center for interdisciplinary Crime Studies (CiCS)

Crime as a Process. Insights into the Dynamics of a Traveling Concept - Erste Tagung des CiCS

Am 04. und 05. Oktober 2024 findet unter dem Titel "Crime as a Process. Insights into the Dynamics of a Traveling Concept" die erste interdisziplinäre und internationale Tagung des "Center for interdisciplinary Crime Studies (CiCS)" an der Universität Siegen statt. Die Tagung ist zudem der öffentlich sichtbare und feierliche Auftakt für die Forschungsaktivitäten des Zentrums!

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„Erzählungen (in) der Kriminologie“

Tagung der Gesellschaft für interdisziplinäre wissenschaftliche Kriminologie (GiwK)

Aufruf zur Beitragseinreichung für eine von der Gesellschaft für interdisziplinäre Kriminologie (GiwK) organisierte Tagung „Erzählungen (in) der Kriminologie“, die nach aktueller Planung im März 2025 stattfinden soll.

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Nachrichten aus der Redaktion

Mit dem Erscheinen von Heft 3/2023 haben sich folgende Veränderungen in der Redaktion des Kriminologischen Journals ergeben. Ausgeschieden ist Andrea Kretschmann, während Roman Thurn, Philipp Knopp und Nils Schuhmacher neu zur Redaktion gestoßen sind. Die Redaktion und der Herausgeber*innen-Kreis bedankt sich ausdrücklich bei Andrea Kretschmann für die geleistete Arbeit in den vergangenen Jahren. Andrea Kretschmann bleibt dem Kriminologischen Journal als Herausgeberin erhalten.

DFG-Graduiertenkolleg "Folgen Sozialer Hilfen"

Tagung am 07./08. September 2023

Die Tagung wird von Kollegiat*innen der ersten Kohorte des DFG-Graduiertenkollegs „Folgen sozialer Hilfen“ organisiert und findet am 7./8. September 2023 an der Universität Siegen (Campus Unteres Schloss) statt. Sie richtet sich an ein interessiertes Fachpublikum aus der theoretischen und empirischen Forschung der Erziehungswissenschaften, Soziologie und Psychologie. In Keynotes, Panelbeiträgen und Postersessions werden die folgenden Themenfelder vorgestellt und diskutiert:

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